Kambodscha 24.02.14 - 24.03.14

Nachdem wir zwei Wochen im beeindruckenden Bangkok und zwei Wochen Urlaub mit unseren Müttern und Gerganas Bruder in Sukhothai und auf Koh Lanta verbrachten, schwangen wir uns Mitte Februar endlich wieder auf unsere Ledersättel. Auf direktem Wege ging es von Thailands Hauptstadt nach Kambodscha, dem offiziell bisher ärmsten Land auf unserer Reise.

 

Die erste Entscheidung, die wir treffen mussten, war die zwischen dem Touristenziel Nummer ein im Land, Angkor Wat, und dem ausgedehnten Regenwald der Cardamom Mountains weiter südlich. Da wir uns mit fortschreitender Reisedauer mehr von der Natur angezogen fühlen, fiel die Entscheidung auf letztere.

 

Nach dem Grenzübergang fällt uns nach den Tagen im Osten Thailands sofort der große Unterschied zwischen beiden Ländern auf. Kambodscha wirkt augenblicklich ärmer.

 

Nachdem wir einige Kilometer auf einer gut asphaltierten Hauptstraße unterwegs sind, fahren wir in Richtung Süden auf einer Piste Richtung Chuor Phnom Krâvanh, wie es in der Landessprache genannt wird. Mit jedem weiteren Tag verschlechtert sich nicht nur die Piste (manchmal stehen wir vor riesigen Schlammlöchern, wo einstmals die Straße war), sonder auch die Lebensbedingungen und -verhältnisse der dort ansässigen Menschen.

 

Um es vorweg zu nehmen: In keinem anderen Land haben wir eine derartig offensichtliche (!) Umweltzerstörung in Form von Abholzung und Brandrodung gesehen wie in Kambodscha. Für die in Armut lebenden Menschen ist der Verkauf der Edelhölzer sicherlich oft die einzige, relativ einfache Möglichkeit ihr karges Einkommen etwas aufzubessern. Der Staat kann und will dem nichts entgegensetzen - seinen Bürgern keine Alternativen bieten. Mit dem Verkauf des Holzes an die reichen Nachbarn Thailand und China lässt sich schließlich prima Kasse machen! Oft sind es nichtstaatliche Akteure, die den Kampf gegen diese Windmühlen aufnehmen. Es ist auch für den Laien zu erkennen, dass sich hier eine ökologische Tragödie abspielt, die dem Land und seinen Einwohnern langfristig mit Sicherheit großen Schaden zufügen wird.

 

So fahren wir mehre Tage durch Gebiete, in denen einst dichter Wald stand. Jetzt sind dort nur noch Baumstümpfe und verbranntes Land zu sehen. Erst tief im Schutzgebiet bekommen wir intakten Regenwald zu sehen. Das subtropische Klima und zahlreichen knackigen Anstiege, die uns teilweise zum Schieben zwingen, lassen uns abermals literweise schwitzen. Entlohnt werden wir durch atemberaubende Panoramen des noch unberührten Waldgebiets.

 

Nachdem wir die Stadt Koh Kong im Südwesten erreichen, radeln wir auf direktem Wege und viel befahrener Straße nach Phnom Penh. Je näher wir der Hauptstadt kommen, desto mehr Textilfabriken und Großnähereien säumen unseren Weg. So sieht es also auf der anderen Seite aus, denken wir. Obwohl es offiziell in der Vergangenheit Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen gegeben haben soll, machen Adidas, Nike und Co. hier nach wie vor auf dem Rücken der Menschen ihre profitablen Geschäfte. (An dieser Stelle eine Lektüreempfehlung zu diesem Thema)

 

Die Roten Khmer machten ebenfalls aus ihrer Sicht profitable Geschäfte auf dem Rücken der Kambodschaner: Reis für Waffen hieß damals die Devise. Einen bedrückenden Einblick in das Schreckenssystem Khmer Rouge bekommt der Reisende bei einem Besuch des Genozid-Museums "Tuol Sleng", auch bekannt unter der Abkürzung S-21. Die vormaligen Schulgebäude im Zentrum Phnom Penhs wurden als Foltergefängnis missbraucht. Tausende waren Insassen, sieben Menschen überlebten. Ein Ort, der das damalige Grauen aufgrund seiner Authentizität konserviert.

 

Den Kontrast dazu bildet unsere Weiterreise an der Lebensader des Landes, dem Mekong, an dem wir jeden Tag zahlreichen, freundlichen, gut gelaunten Menschen begegnen.
Auf einer nahezu neuen Straße fahren wir in den "wilden Osten" des Landes nach Sen Monorom. Leider spielt uns unser Kartenmaterial einen Streich. Die dort eingezeichneten, von uns wegen Wasser- und Essenmangels heiß ersehnten Dörfer, tauchen niemals auf, da sie an der alten Routenführung liegen. So sind wir froh, als wir nach einem anstrengen Tag bei einer Ranger-Station campieren dürfen, deren Mitarbeiter uns nicht nur mit frischem Wasser sonder auch mit schmackhaftem Bier versorgen. Am nächsten Tag wiederholt sich die Geschichte und eine andere Ranger-Station "rettet" uns, indem uns Essen gegeben wird. Erschöpft und gleichzeitg glücklich erreichen wir die Hauptstadt der Region Mondulkiri.

 

Auf einer neuen, aber unfertigen Piste fahren wir entlang der vietnamesischen Grenze bis Ban Lung, der nächsten Provinzhauptstadt. Knöcheltiefer Staub wechselt sich mit knüppelhartem, kantigen Boden und astreiner Piste ab. Das "Beste" sollte jedoch zum Schluss kommen. Die nächsten 40 km nach Wunsei fahren wir zügig herunter. Nachdem wir den Fluss San überquert haben, ändert sich der Untergrund schlagartig: SAND!!! Für schwerbepackte Tourenräder denkbar schlecht. Hinzu kommt, dass uns ein Einheimischer auf unser Nachfragen einen längeren Weg empfiehlt. Wir fahren mitten im Nirgendwo. Unsere einzige Orientierung ist das Handy mit GPS, ein Fluss als natürliche Barriere und gelegentliches Nachfragen bei Mopedfahrern, die auf Grund der sprachlichen Differenzen manchmal nur lachen und weiterfahren. Für die 70 km nach Siem Pang benötigen wir gute 2 Tage. Hier also ein Ratschlag an alle Reiseradler, die vorhaben diesen Abschnitt zu fahren: Tut es nicht! Es ist das Gegenteil von Spaß!

 

Die restliche Fahrt nach Laos ist dafür umso ereignisloser. Nach Erholung lechzend, bieten sich uns gleich nach der Grenze die "4000 Inseln" als perfekter Ort für eine längere Rast an. Aber davon beim nächsten Mal mehr...